Die Reformation in Ulm
Der Bau und die Ausstattung des Münsters hatten den Ulmer Künstlern jahrzehntelang reiche Aufträge gesichert und zahlreiche auswärtige Meister in die Stadt gelockt. Wohlhabende Bürger sowie die Zünfte stifteten für die Ulmer Kirchen Flügelaltäre und religiöse Bildwerke in großer Zahl. Alleine im Münster standen vor der Reformation über 50 Altarretabel.
Am Ende des 15. Jahrhunderts zeigte diese einträgliche Marktlage erste Zeichen des Niedergangs: Der Bedarf an großen Flügelretabeln war weitgehend gedeckt und die Zahl öffentlicher und privater Bestellungen ging zurück. Schon 1490 zog der Bildschnitzer Adolf Daucher von Ulm ins benachbarte, wirtschaftlich aufstrebende Augsburg, vier Jahre später folgte ihm auch Gregor Erhart, der Sohn des berühmten Michel Erhart.
Bereits vor der Einführung der Reformation gerieten religiöse Bildwerke zu nehmend in die Kritik. Die holzsichtige Skulptur, die auf die zuvor übliche farbige Bemalung weitgehend verzichtete, dürfte unter anderem aus dem Wunsch nach einer sachlicheren und weniger "realitätsnahen" Darstellungsweise entstanden sein.
Im November 1530 entschied sich die Ulmer Bürgerschaft für die Einführung des evangelischen Bekenntnisses in der bilderfeindlichen Variante der zwing lianisch-oberdeutschen Theologen, Zahlreiche Schnitzaltäre wurden 1531 aus den Kirchen der Stadt entfernt. Die Produktion von religiöser Kunst kam zu nächst fast vollständig zum Erliegen.
Maler konnten auf weltliche Bildgattungen wie das Porträt ausweichen. Für die in der Altarskulptur spezialisierten Bildhauer gab es zunächst kaum Alternativen. Erst nach und nach entwickelten sich neue Aufgaben wie das geschnitzte Bildnis oder das kleinformatige Kunstkammerobjekt.
Mit der Reformation endete die etwas mehr als hundert Jahre dauernde künstlerische Blütezeit Ulms.